Die Dreyfus-Affäre war einer der größten Skandale im Frankreich des späten 19. Jahrhunderts. 1894 hatte ein Kriegsgericht den jüdischen Hauptmann Alfred Dreyfus trotz kläglicher Beweislage wegen Landesverrats schuldig gesprochen und ihn zu lebenslanger Haft verurteilt. In den Jahren danach entspann sich in Frankreich ein alle Gesellschaftsschichten erfassender Streit um Dreyfus, der das reaktionäre und antisemitische Denken der politischen und militärischen Elite des Landes offenlegte und in Emile Zolas berühmter Streitschrift „J’accuse“ („Ich klage an“) mündete.

Foto: Guy Ferrandis
In Roman Polanskis Historiendrama über diese „Intrige“ steht nicht Dreyfus, sondern mit Colonel Georges Picquard (Jean Dujardin) der neue Chef des Militärgeheimdiensts im Mittelpunkt. Er soll weitere Beweise für die Schuld von Dreyfus heranschaffen, erkennt jedoch dessen Unschuld.
Der 86-jährige Polanski ist ein klassischer Regisseur: Seine Inszenierung ist ebenso unspektakulär wie unerbittlich präzise, und er weiß um korrekt gesetzte Spannungsbögen in einer Geschichte, die letztlich eher als Gesellschaftsdrama denn als Detektivstory daherkommt. Die aktuellen Bezüge zu Regierungen, die sich ihre „alternativen Fakten“ nach Bedarf zurecht lügen, liegen dabei auf der Hand. „Intrige“ ist einer der gelungensten Filme Polanskis seit langem.
„J’accuse“, F/I 2019, 132 Min., R: Roman Polanski, D: Jean Dujardin, Louis Garrel, Emmanuelle Seigner, Mathieu Almaric, Start: 6.2.